Borussia Dortmund vs. FC Schalke 04 1:1

BVB 09

Borussia Dortmund
vs.
FC Schalke 04 1:1

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Letztes Spiel: FC Goch v FC Kleve 14.09.2002, Westfalenstadion, Bundesliga
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Ticket
66700 Zuschauer

Nachdem in der vergangenen Woche beim Spiel im Ruhrstadion eine Art Generalprobe stattgefunden hat, Westfalenstadion - Blockfahne BVB kommt es nur vier Tage später im Westfalenstadion zum eigentlichen Revierderby, das in dieser Saison gleichzeitig das direkte Aufeinandertreffen von Meister und Pokalsieger ist. Die Borussia hat seit 1997 nicht mehr gegen den Rivalen gewonnen, kann sich aber damit trösten, im Vorjahr den höherwertigen Titel errungen zu haben. Die Meisterschaft kann tatsächlich zum Lindern des Schmerzes über die lange Durststrecke im direkten Vergleich beitragen, doch ganz zum Abklingen bringen kann sie ihn nicht. Daran ändern auch die gebetsmühlenartigen Beteuerungen von Trainer und Vorstand beider Teams nichts, daß es sich um ein Spiel wie jedes andere handele und auch heute nur drei Punkte zu vergeben seien. Diese Herrschaften müssen ja am kommenden Montag auch nicht dem unvermeidlichen Fan des Rivalen in Büro oder Fabrikhalle gegenübertreten, der schon mit hämischem Gesichtsausdruck auf seinen halbjährlichen großen Auftritt wartet, und kennen von daher die Sehnsucht nicht, mal wieder selbst den Triumphator geben zu können.

Die sportliche Situation der Rivalen, die beide hinter der Planung zurückhängen, ist nicht unbedingt dazu angetan, Westfalenstadion - Schalke-Fans heute auf großen Fußball hoffen zu können. Und den gibt es dann auch nicht zu bestaunen, beide Teams präsentieren sich eher ängstlich und kommen zu kaum nennenswerten Chancen. Dennoch sollte es bis zur Halbzeit zur Führung der Borussia reichen, aber in den entscheidenden Szenen können Koller - der in aussichtsreicher Position eher angeschossen wird und das Leder nicht kontrollieren kann - und Everthon - der wie schon gegen Bochum seinen Torinstinkt vermissen läßt - den Ball nicht im Tor der Gäste unterbringen. So kommt es dann im zweiten Abschnitt dazu, daß die Blauen besser werden und nach einem bösen Fehler von Metzelder durch den eingewechselten Agali mit 1:0 in Front gehen. Man kann sich in Dortmund noch an einen Abwehrspieler namens Kroth erinnern, der nach einem vergleichbaren Stockfehler im Europapokalspiel gegen Sampdoria Genua für immer aus der BVB-Mannschaft verbannt wurde. Nur zwei Minuten später kommt es - quasi im Gegenzug - zum Ausgleichstreffer durch Everthon, der völlig frei zum Kopfball kommt und es schließlich doch noch zu einem Torerfolg bringt. Leztendlich müssen wohl beide Seiten mit dem Punktgewinn zufrieden sein und der heimische Anhang muß weiter auf einen Sieg über Schalke 04 warten - immerhin konnte das Schlimmste in Form einer Niederlage noch vermieden werden.

Die Stimmung ist am heutigen Tag ebenso wie das Spiel einem Derby kaum angemessen, so daß wohl Westfalenstadion - BVB-Fans von einer Enttäuschung auf der ganzen Linie für Heimfans und neutrale Beobachter gesprochen werden darf, während sich die Gäste zumindest mit dem Punktgewinn trösten mögen. Zu Beginn präsentiert der BVB-Anhang noch eine Blockfahne mit der Silhouette der Stadt und der Aufschrift “Dortmund”, und während des ersten Abschnitts läßt sich die Südtribüne öfter mal hören, doch danach versinkt wieder alles in der zuletzt leider oft so typischen Lethargie. Die Schalker präsentieren sich da wenig besser - das Intro mit vielen Doppelhaltern und Fahnen wird noch ganz gut, in der ersten Hälfte feuert man recht durchgängig an, im zweiten Abschnitt wird man zunehmend leiser. Immerhin bringen die blau-weißen Anhänger in Abschnitt zwei noch eine stehplatzblockweite Humba-Täterä-Aktion zustande, doch das echte Derby-Feeling will sich wohl auch auf der Nordtribüne nicht einstellen - zumindest wird es nicht nach außen sichtbar. Wie schon beim Spiel der letzten Saison im Februar fällt auf, daß der Schalke-Block mehrere Male “Wer nicht hüpft, der ist Borusse”-Sprechchöre hören läßt. Damit gibt man ein gutes Stück eigene Identität auf, hat man doch diesen Sprechchor bis vor kurzem abgelehnt, weil er vom BVB-Anhang aus Turin importiert worden war, so wie auf Borussia-Seite noch heute nicht “Auf geht’s, Dortmund, schießt ein Tor!” gesungen wird, weil das wieder von den Schalkern aus Mailand mitgebracht wurde. Dabei bezieht sich das “mitgebracht” natürlich auf die Melodie, der deutsche Text wurde dann selbst passend zum Versmaß erdichtet.

Es stellt sich die Frage, woran es liegt, daß beim Ruhrderby keine besonders gute Stimmung mehr Westfalenstadion - Baufortschritt Ecke Nord-Ost attestiert werden kann. Es mag sein, daß das nur eine Punktaufnahme ist, die beim nächstenmal bereits relativiert werden wird, aber dennoch sollen hier zwei Beobachtungen nicht unerwähnt bleiben. Zum einen verlagert sich die Rivalität nach unseren Beobachtungen zunehmend in die virtuelle Welt. Sie wird in Internet-Foren und Gästebüchern ausgetragen und zwar von vielen Leuten vornehmlich da, wo man nicht mit seinem Namen für das Geschriebene einstehen muß. Hier hat man dann vor dem Spiel die “große Klappe”, steht man dann aber den rivalisierenden Fans gegenüber, hat das ein Ende. Eine weitere Beobachtung aus dem Internet ist, daß Menschen, die durchaus einen fehlerfreien Satz zu formulieren in der Lage sind, beim Namen des gegnerischen Teams von allen Fähigkeiten verlassen werden. Kaum jemand kann den Rivalen beim Namen nennen, da kursieren dann Konstruktionen wie Schlacke, Scheiße, Herne-West, Fortuna Lüdenscheid, BvX, BxB, BSE usw. Solche Formulierungen mögen beim ersten Mal ganz witzig sein und sind auch nicht ganz neu - schon in den 70er Jahren existierte nach dem Bundesligaskandal das “FC Meineid” für Schalke - bekommen aber durch die exzessive und ausschließliche Nutzung etwas Ritualhaftes, das einer echten Rivalität zuwiderläuft. Letzendlich macht man nicht den Rivalen lächerlich, sondern sich selbst und das Derby als solches, wenn man die Gegnerschaft auf einem solchen Kindergarten-Niveau austrägt. Eine echte Rivalität erfordert halt ein Mindestmaß an Respekt auch für den Rivalen. Das werden wohl kaum die einzigen Gründe für das Stimmungsdefizit sein, Aspekte, die dazu beitragen, sind es allemal und zwar Aspekte, die nach unserer Meinung bislang nirgendwo angesprochen wurden. Ein weiterer Aspekt ist sicher der oben angesprochene Identitätsverlust, daß immer mehr Fans immer weniger identitätsstiftende Gesänge der eigenen bzw. der Gegenseite zuordnen können.

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